DANIEL IN OCOTAL! Nein, ich bin nach wie vor kein überzeugter Sandinist – im Gegenteil: Daniel und seine Partei werden mir immer unsympathischer. Dennoch hätte ich niemals gedacht, dass ich mich über den Herren, der die Geschicke Nicaraguas seit Beginn des Jahres leiten soll, einmal so ärgern würde!
Wegen einer Grenzstreitigkeit zwischen Honduras und Nicaragua, bei der es um einige Seemeilen in Pazifik und Atlantik ging, fällte der Internationale Gerichtshof in Den Haag am Montag das Urteil. Dieses bot Anlass für ein Treffen der beiden Staatschefs, Daniel Ortega und Manuel Zelaya. Im Gegensatz zu vergleichbaren Veranstaltungen in Deutschland und Europa, die schon Monate im Voraus fertig geplant und organisiert sind, war für den kleinen Gipfel bis Sonntag scheinbar nicht viel vorbereitet worden – die Nachricht, das Treffen würde in Ocotal und nicht in Las Manos, das direkt an der Grenze liegt, stattfinden, drang erst am Sonntag bis zu uns vor. Das Problem: Man gedachte, im Centro de Capacitación zu speisen. Dort ist die Wiesbadener Zirkusmannschaft untergebracht und auch unser Training mit dem Kinderzirkus findet dort statt!
Es hieß also recht kurzfristig, dass wir erst wieder nach dem Mittagessen, das für zwei Uhr angesetzt war, ins Zentrum könnten. In der Mittagspause hatte ich die Möglichkeit, beim Essen die Liveübertragung (von nebenan sozusagen) zu verfolgen und festzustellen, dass Daniel um kurz nach zwie mit seiner Rede begann. Mittagessen und Abreise der Staatsmänner verspäteten sich also so sehr, dass wir das Training ganz ausfallen lassen mussten. Für mich ziemlich unbegreiflich, wie so etwas geschehen kann. Für die Nicas unbegreiflich, was ich gesagt habe: Wenn der Bürgermeister von Totogalpa (kleiner Nachbarort von Ocotal) sich eine solche Organisation erlauben würde, könnte ich ihm das nachsehen – aber Staatschefs, vom Volk teils vergötterte Präsidenten sollten in der Lage sein, ein Treffen dieser Art rechtzeitig organisieren beziehungsweise organisieren zu lassen! Hier hat sich hingegen niemand ernsthaft über dieses Verhalten gewundert geschweigedenn aufgeregt – „¡Así somos!“, sagte Ana Julia: So sind wir!
Nächste Woche werde ich euch eine kleine Übersicht über den Zirkusworkshop schreiben. Der ist seit Freitag im Gange und macht allen Beteiligten scheinbar sehr viel Spaß...
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Ruhig, ruhig. Es ist ja wirklich niemand zu Schaden gekommen. Was soll die "preußische" Aufregung? Ein Präsident, der einfach wieder geht, ist doch nicht schlimm. Und wenn sich die beiden Herren im Gespräch einigen konnten und so ihren Mitbürgern Stress und Ärger erspraren, ist das die kleine Umstandskrämerei schon wert. Nicht wenige große Kriege haben mit scheinbar kleinem Grenzgezänke begonnen. Ich wünsche im Kleinen weiterhin viel Freude im Zirkus und im Großen allen Menschen in der Region Frieden!
Franz Lindenberg
Kommentar veröffentlichen