Montag, 16. Juli 2007

Bienvenida, Backen und Berge

“DER CERRO PICURO ist verflucht!“, hieß es. Die Menschen verliefen sich dort oder verschwänden gleich ganz. Das versprach also eine interessante Unternehmung zu werden – aber zunächst stand ein anderes Programm auf der Tagesordnung...

Am Freitag fand zunächst die Bienvenida für mich statt. Es war ein wenig mehr los als sonst in der Bibliothek, sowohl die nicaraguanische als auch die deutsche Flagge wurden aufgestellt und Juve, der zum Büchereiteam gehört, hat ein paar nette Worte gefunden, um mich offiziell willkommen zu heißen. Auch interessant waren die wohl die traditionellen Tänze, die von ein paar Mädchen unter der Leitung Nelsys (Bibliothekteam, d. Red.) aufgeführt wurden – mittanzen konnte ich nicht; ich hätte ja schon mit einem gewöhnlichen Waltzer Probleme gehabt. An den nicaraguanischen Tänzen werde ich aber noch arbeiten...

Samstags ging es dann weiter: Brotbacken stand auf dem Programm. Glücklicherweise wurde damit erst um zehn Uhr morgens angefangen und nicht, wie sonst, um sechs! Ich durfte mitkneten und dem Brot seine Form geben. An dieser Stelle sei gesagt, dass das Brot hier ganz und gar nicht dem Brot bei uns entspricht: Wie überall jenseits der deutschen Genzen gibt es Weißbrot und auch die Form entspricht nicht dem, was wir kennen. Das Brot ist viel kleiner und nicht dazu gedacht, in Scheiben geschnitten zu werden. Außerdem gibt es noch diverse andere Brote; mein Favorit bisher sind die Biscotelas, die aussehen wie Donots, nur größer, und nicht so saftig sind.

Nach dem Brotbacken wurde Ocotal von einem den ganzen Nachmittag andauernden Wolkenbruch, der es ziemlich unmöglich machte, etwas Interessantes zu unternehmen, heimgesucht. Aber das sollte dafür dann am Folgetag möglich sein...

Um halb sechs morgens – ja: Ab und zu kann auch ich früh aufstehen! – habe ich mich mit Johannes, Arnau, Antonia und Bélgica getroffen (Juve, Nelsy und Carmen kamen trotz ihrer Zusagen nicht), um zum Cerro Picuro südlich Ocotals aufzubrechen. Der Reiseführer versprach uns in unmittelbarer Nähe zum Gipfel eine Lagune – eine solche Motivation war für diese Wanderung auch nötig, wie wir dann noch erfahren sollten. Zunächst ging es mit dem Bus ein Stück aus Ocotal heraus, um das Stück an der Panamericana nicht zu Fuß zurücklegen zu müssen. Anschließend sind wir ein ganzes Stück einer Straße gefolgt, die uns irgendwo in die Pampa und nicht unbedingt dem Gipfel näher zu bringen schien. Dennoch gab es immer wieder vereinzelt ein paar Hütten, deren Bewohner uns auch bestem Wissen und Gewissen den Weg zum Gipfel wiesen. Leider war nicht viel Wissen vorhanden: (Fast?) Niemand von den Befragten hat sich jemals auf den Weg zum Gipfel begeben und konnte uns somit nicht besonders gut weiterhelfen.

Dennoch erhielten wir den Tip, uns nicht länger an die Straße zu halten und uns stattdessen dirket ins Dickicht am Wegesrand zu schlagen. Gesagt – getan! Spätestens zu diesem Zeitpunkt begannen wir die Machete zu vermissen, die uns das Folgende einfacher gemacht hätte. Wir folgten also einem winzigen Trampelpfad, der sich erst einige Male teilte, um sich dann irgendwo im Dickicht zu verlaufen (wie wir). Wir begannen, uns unseren eigenen Weg zu erfinden. Wohin es gehen sollte, war klar: Nach oben! Vorbei an großen Kakteen, Palmen, Lianen, Unmengen von Insekten und anderen Krabbeltieren und unaufhaltsam dem Gipfel entgegen: Immerhin erwartete uns eine Lagune – und den Gallo Pinto, den Bélgica vorbereitet hatte, sollte es auch erst am Ziel geben! Dass wir den Gipfel von unten nie sehen konnten, weil das Dickicht immer mehr an Dschungel erinnerte und uns nur ab und zu den Blick zurück ermöglichte, konnte unserer Motivation keinen Abbruch tun. Als es dann aber nicht mehr weiter nach oben ging und wir folglich am Gipfel angelangt waren, machte sich Enttäuschung breit: Der erhoffte Blick auf Ocotal wurde vom Urwald verhindert, es fing an zu regnen und die Lagune war auch nirgends zu erblicken, was aber nicht heißt, dass sie nicht da war... Nach unerwünschtem Besuch klingende Geräusche bewegten uns aber sehr schnell dazu, den Abstieg anzutreten. Ich weigere mich zu glauben, dass das möglicherweise Wildschweine waren, und halte weiterhin an der Vorstellung fest, dass wir von Panthern verfolgt wurden.

Der Abstieg begann nach den ersten zwanzig Metern, spannend zu werden: Wir wussten in dem Dickicht nicht mehr, wo wir hergekommen wurden – die oben erwähnten Legenden schienen sich zu bewahrheiten! Wir haben uns aber schnell auf eine gute Strategie geeinigt: Nach unten! Ohne Umwege einfach nur zurück! Wir wussten zwar nie, ob wir auch nur annähernd in die richtige Himmelsrichtung wanderten und stolperten, aber irgendwie würden wir schon auf eine Straße stoßen. Wir folgten dann einem kleinen Gebirgsbach, der sich dann immer mehr in einen Wasserfall verwandelte. Zunächst war es noch möglich, die glitschigen Steine herunter zu klettern, aber irgendwann wurden die Höhen, die das Wasser fallend zurücklegte für uns zu gefährlich, sodass wir ein ganzes Stück auf gleicher Höhe bleibend zurücklegten – und irgendwann auf eine kleine Kaffeefinca stießen, in der zwar niemand war, der uns einen Weg nach Ocotal oder zur Panamericana hätte beschreiben können; dafür hatten wir wieder einen normalen Weg, dem wir folgen konnten. Nach einigen Kilometern auf dieser Schotterpiste kamen wir dann auch nach Totogalpa und an die Panamericana. Wir waren alle wahnsinnig verdreckt, verschwitzt, verkratzt und zerstochen, aber glücklich, wieder in der Zivilisation angekommen zu sein.

Ich habe während dieser Wanderung richtig Lust auf einen Wanderurlaub in Österreicht bekommen; mit rot-weißen Markierungen, Gipfelkreuz und einer warmen Dusche im Anschluss. Und einem leckeren Blaubeerkuchen. Aber: Reis mit Banane ist auch okay...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

seit wann gehst du denn von dem schlimmeren aus [panther...]?
ist mir ja völlig neu.
so ne runde urwald-wandern hätte ich aber auch verdammt gerne gemacht. finde sowas eigentlich extrem schön.
soweit dein andy

Anonym hat gesagt…

ich find auch, dass sich die wanderung sehr spannend und toll anhört.

aber verlauf dich nicht!

ist schön, hier immer mal wieder was von dir lesen und hören zu können.
lass es dir gut gehen.
und blaubeerkuchen kannste eig. immer haben. im-dschungel-verirren und banane mit reis...:)

Anonym hat gesagt…

Typisch Simon "immer der NASE nach" Ist dein Gallo Pinto son selbstgebrautes Getränk?!

Na sicher warn es Panther, wie soll dich denn ein Wildschwein jagen und anschließend verspeisen :-D

Jeah ich hab jetzt auch endlich meinen Ziviplatz (ich weiß etwas spät) Wird sicher nicht so spannend wie bei dir dafür kann ich den alten Leuten im Krankenhaus den Blaubeerkuchen klauen.
Also machs gut

Achso der Pöbel verlangt Bilder