Samstag, 21. Juli 2007

Nationalfeiertag: Der 19. Juli!

¡VIVA LA REVOLUCIÓN! Gestern, am neunzehnten Juli, hat sich der Sieg der „Revolución Popular Sandinista“ zum achtundzwanzigsten Mal gejährt. Und weil Daniel Ortega von der FSLN (Frente Sandista de Liberación Nacional) die Wahlen im vergangenen November gewinnen konnte und somit ein alter Revolutionär den Posten des Präsidenten innehat, wurde dieser Tag natürlich ganz besonders feierlich begangen!

Bereits am Vorabend trafen sich Anhänger der Sandinisten aus dem ganzen Land, um sich zu Fahrgemeinschaften zusammenzuschließen – schließlich wollten einige den Feiertag in der Hauptstadt erleben, wo ein großer Festakt stattfinden sollte. Die Mehrheit derer, die sich auf den Weg nach Managua machten, tat dies mit den Bussen, die mit Sandinisten nur so vollgestopft waren. Sicherlich wäre es spannend gewesen, auch nach Managua zu fahren, aber ich hatte keine Lust auf derart große Menschenmengen, außerdem hatte meine Gastmutter mir angekündigt, dass die Feier, die bei uns im Haus stattfinden würde, viel besser sein solle...

Dass der neunzehnte Juli, el Día de la Liberación del Pueblo Nicaragüense a Mano del Frente Sandinista de Liberación Nacional, auch von meiner Gastfamilie gefeiert werden würde, war mir schon vorher klar gewesen: Meine Gastmutter hatte mir schon angekündigt, dass ihre Familie zu hundert Prozent sandinistische, „antigringo“ und antiimperialistisch sei – und wenn ich mich gegen Daniel oder für die Gringos äußern würde, müsste sie leider sagen, dass ich ein netter Kerl sei, dass ich aber leider ausziehen müsse!

Um fünf ging es dann los mit der Liveübertragung des actos von der Plaza de la Fe – Juan Pablo II. Zunächst waren traditionelle nicaraguanische Tänze dran, die mit Revolution aber auch so gar nichts zu tun haben. Interessant war auch die Tonregie des Senders: Häufig war nicht die Musik zu hören, zu der getanzt wurde, sondern irgendein für das Fernsehpublikum eingeblendetes Getöse. Die Bilder von der Plaza waren aber allemal beeindruckend: Ein schwarzrotes Menschen- und Fahnenmeer, zigtausend begeisterte Sandinisten und Danielisten. Dass immer wieder der Satz „¡Viva la revolución!“ eingeblendet wurde, schön – in Deutschland gäbe es so etwas nie, genau so wenig, wie eine Revolution...

Spannend wurde es dann später am Abend. Die Party bei uns war in vollem Gange – wir saßen zu siebt vor dem Fernsehapperat (Johannes und ich waren mit einigem Abstand die Jüngsten), aßen leckeres nicaraguanisches Essen und tranken leckeren nicaraguanischen Rum und imperialistische nordamerikanische Coca Cola – da fing der interessante Teil der Feierlichkeiten an: Die Politiker kamen zu Wort. Was die Präsidenten Panamas und Honduras’ zu sagen hatten, war unwichtig und fand keine Beachtung; als dann jedoch Hugo Chávez das Mikrofon in die Hand nahm – er wurde vorher von der Frau Daniel Ortegas, die als Moderatorin fungierte, ziemlich schlecht vorgestellt, dazu gleich noch mehr – hingen die Massen an dessen Lippen. Nach einigen ausführlichen Glückwünschen und Phrasen, die nicht weiter interessant waren, hat der Herr dann erzählt, wie er sich damals gefreut habe, als das „heroische Volk Vietnams“ die nordamerikanischen Truppen besiegte – ich konnte gar nicht mehr aufhören mit dem Kopfschütteln bei derartigen Respektlosigkeiten, habe mich aber wacker auf meinem Stuhl vor dem Fernseher halten können.

Daniels Rede war dann der Gipfel. Zunächst zum „Inhalt“.
Die Revolution müsse weiterleben, die Macht sei in den Händen des Volkes, der Kapitalismus und der Imperialismus müsstem zurückgeschlagen werden, die Völker Lateinamerikas und Afrikas müssten sich vereinen... Außerem stellte er noch klar, was für ein guter Christ er sei, dass es auch in den USA viele Gegner des Irakkrieges gebe und dass sich deshalb die Völker Lateinamerikas und Afrikas auch mit Europa und Nordamerika vereinen müssten. Zwischendurch legte er immer wieder kleinere Denkpausen ein, die er gekonnt mit „¡Hugo, Hugo!“-Rufen zu füllen wusste. Die Vorwürfe gegen Hitler und die Errichtung der Konzentrationslager konnte ich nicht ganz einordnen, genausowenig wie die Kritik an den Kolonialmächten Spanien, Portugal und den Niederlanden.

Zurück Rosario Murillo Ortega und ihrem Präsidentengatten Daniel: Daniel stand als Präsident natürlich im Mittelpunkt; seine Frau hat sich ins Rampenlicht geschoben, indem sie die Moderation der ganzen Veranstaltung übernommen hat. Beide sind jedoch besonders dadurch aufgefallen, dass sie keinerlei rhetorische Fähigkeiten besitzen – Daniel hätte sich im Voraus seine Rede aufschreiben und nicht nur Spontaneität beweisen sollen! Auch dass Rosario Murillo Ortega sämtlichen Schmuck, den sie finden konnte, trug und eine Schirmmütze, die ihr Gesicht immer wieder verdeckt hat, hinterlies einen komischen Eindruck. Alles in allem hat ein großer Teil der Veranstaltung sehr dilettantisch gewirkt – und konnte mich nicht von Daniel Ortega und der Politik, von der er nicht sprach, überzeugen...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh man wie geil :-D Das du nicht im Boden versunken bist als du die imperialistische Coca-Cola getrunken hast. Schäm dich. Hast du ein glück das die deinen Blog hier nicht lesen können sonst dürftest du morgen Abend unter Wellpappe schlafen. Ach Simon ich musste echt oft schmunzeln. Du bist da schon unter ein lustiges Völkchen geraten.
Zu der hier lang vergangenen Revolution; es scheinen hier doch zu viele Menschen zufrieden zu sein, mich inbegriffen. Was sollte man groß ändern?! Wir haben die Wehrpflicht, zahlen Studiengebühren... ich weiß nicht ob das alles für ne Revolution reicht.

Also gute Nacht oder schönen Abend (Hier ist es grade 3:51 )

PS: Bilder Simon BILDER

Anonym hat gesagt…

Ich bins nochmal. Da sind ja doch Fotos dazu gekommen.. ich dachte das Bild im Blog zeigt das jeweils aktuellste an. Zusätzlich kann man die Bilder auch noch runterladen, was echt praktisch ist. Also hau rein