Samstag, 12. Januar 2008

Sinnvoll?

DIE EINFACHE FRAGE nach dem Sinn des Lebens stellen sich viele Menschen, um dann zu erfahren, dass die Antwort keineswegs leicht zu finden ist. Viele – ich wage mich sogar, zu behaupten: die meisten – mutigen Frager können Zeit ihres Lebens keine auch nur ansatzweise befriedigende Antwort auf diese Sinnfrage finden und kommen durch den Mangel an Argumenten zur Rechtfertigung ihres eigenen Daseins ins Zweifeln an sich selbst. Um dermaßen unangehmen Situationen aus dem Weg zu gehen, habe ich mich dazu entschlossen, der Frage nach dem Sinn meines Lebens oder des Lebens überhaupt aus dem Weg zu gehen.

Warum auch gleich mit der Frage nach dem Sinn des Größten beginnen? Schließlich fragen wir uns auch nicht nach dem Sinn eines leckeren Abendessens (zum Beispiel: Gallo Pinto mit Käse, bananos fritos und Tortilla), nach dem Sinn guter Musik (zum Beispiel: Christmas Steps von Mogwai) und so fort! Statt sich also die ungemütliche Frage nach dem Sinn des Lebens, nach der Rechtfertigung der eigenen Existenz zu stellen, könnte und – meine ich – sollte man die Beantwortung von Sinnfragen zunächst auf niedrigerem Niveau trainieren.

Warum „fair trade“? – So oder so ähnlich würde ich beginnen. Vor zwei Wochen hätte ich darauf unter anderem das Folgende geantwortet: „Fair trade“ – gerechter Handel – bedeutet, dass der Gewinn, der beim Verkauf von Produkten wie beispielsweise Kaffee, von Produkten also, die in der sogenannten „Dritten Welt“ hergestellt und in reicheren bis reichen Breitengraden – beispielsweise in Deutschland – verkauft werden, auch den in der Regel armen Erzeugern zugute kommt. „Fair trade“ – gerechter Handel – bedeutet, dass nicht nur auf das Geschäft, auf den Profit, sondern auch auf die soziale Verträglichkeit eines Produktes geachtet wird. „Fair trade“: Für einen im Vergleich zum Supermarkt etwas höheren Preis bietet sich dem Verbraucher die Möglichkeit, eine kleine gute Tat zu verbringen!

Warum „fair trade“? – Vor zwei Wochen hätte darauf vielleicht einfach nur geantwortet: Warum nicht? Die Vorteile waren für mich offensichtlich. Vor zwei Wochen war ich in dieser Hinsicht noch sehr einfach gestrickt. Inzwischen bin ich, was diese Zusammenhänge angeht, etwas weiter: Acht Tage habe ich auf der Kaffeefinca “Las Gaviotas“ verbracht, um dort bei der Kaffeeernte mitzuhelfen. Morgens wurde in den Plantagen geerntet, mittags wurde der Kaffee „entfleischt“, sodass nur die für das Endprodukt entscheidenden Kerne übrigblieben, und gewaschen. Acht Tage lang bot sich mir die Möglichkeit, am Leben der fünf Kaffeebäuerinnen der „Gaviotas“ teilzunehmen, interessante Einblicke zu bekommen – und Fragen zu stellen! Der Kaffee, den die Frauen, die die „Gaviotas“ gründeten, anbauen, trägt das Zertifikat des ökologischen Anbaus und wird nach Deutschland exportiert: Als „fair trade“-Kaffee. Ein quintal – rund ein Zentner – dieses Kaffees bringt den Frauen etwas mehr als achtzig Euro ein. Der Gewinn wird zunächst für Verbesserungs- und Renovierungsarbeiten in der Finca verwendet, was anschließend noch übrigbleibt, teilen die fünf Frauen zu gleiche Teilen untereinander auf: Im letzten Jahr blieben dreitausend Córdoba pro Haushalt übrig: Hundert Euro. Pro Tag sind das weniger als dreißig Eurocent!

Warum „fair trade“? – Ich weiß jetzt, dass auch diese Bezeichnung keineswegs einen Ausweg aus der Misere darstellt oder gar gegen Armut schützt. Ich weiß jetzt, dass man trotz „fair trade“ durchaus hungern kann, wenn man nicht mit der Unterstützung von Angehörigen rechnen kann. Ich weiß jetzt, dass ich ein gehörig falsches Bild davon hatte, was „fair trade“ tatsächlich ist! Dennoch möchte ich eine vorsichtige Antwort liefern auf diese Frage, die ich nun schon zum vierten Mal wiederhole – Warum „fair trade“? –: Weil die Standartprodukte aus dem Supermarkt sozial noch unverträglicher sind. Weil ein Boykott auch zu keiner Verbesserung führt. Aber: Die Bezeichnung, dessen bin ich mir bewusst, verschleiert die tatsächlichen Verhältnisse, lässt sie schöner, erträglicher wirken, als sie sind.

„Fair trade“: Wie man diesen leeren und trügerischen Titel zu einer angebrachten Bezeichnung herausputzen kann – das ist vielleicht eine Frage, die es sich zu stellen lohnt! Und dann, meinetwegen, können Sinnfragen, auch solche nach dem Sinn des Lebens, gerne wieder ausgepackt werden...

2 Kommentare:

Moni hat gesagt…

Tja ,wie Du siehst, verschlägts allen die Sprache. Keiner sagt was....Ich weiß auch nicht, was ich sagen soll.Aber jetzt sag ich halt irgendwas, damit Du nicht traurig bist,lieber Simon... Ich kaufe auch meistens "fair trade" oder "gepa"...(werde es auch weiter tun)naja, klar müsste man erst mal "dort" gewesen sein, um zu sehen, wie es den (An-)bauern wirklich geht.Es gibt hoffentlich woanders auch glücklichere Umstände als bei "deiner" Kaffefinca.Sind die Frauen dort denn nun zufrieden oder klagen sie? Was erzählen sie so, wie leben sie?
Tja, nach dem Sinn fragen...muss ja (einerseits) schon sein, aber zu viel bzw. ständig...das macht echt mürbe und kann einen in die Verzweiflung treiben, oder? Denn meistens gibt es ja doch keine Antwort drauf. Also, alles in Maßen...äh, oder die Verzweiflung in "Maßen" ertränken..naja, auch keine Lösung.Ich hoffe, Du findest viele Gründe, um sagen zu können, dass es sinnvoll war für Dich, ein Jahr in Nicaragua zu sein.
Lass Dich drücken von Deiner verschnupften Tante!Besito, Moni

Anonym hat gesagt…

Wie gut das ich kein Kaffee trinke. Aber beim Kakao wird es wohl nicht anders sein. Hey Simon ich wollte nur kurz updates in sachen Fußball geben sofern diu sie nicht schon hast. Lehmann kommt doch nicht und Klinsmann ist bei den Bayern, die Eintracht hat en Brasilianer verpflichtet und ja sosnt wüsst ich nichts dolle zu berichten ;-)

Außerdem muss ich mir noch was für den andern Beitrag aufheben