Dienstag, 2. Oktober 2007

Visum - ich hab's!

ZUM ZWEITEN MAL war ich am Wochenende in Managua. Das war aus verschiedenen Gründen erforderlich: Ich musste mein Visum abholen, Julian seins beantragen, und für Bücherei und Zirkus sollten ein paar Dinge erledigt werden. Außerdem sollte am Sonntag eine kleine Delegation von unserem Zirkus, bestehend aus den drei Clowns und Juve als deren Begleitperson, nach Managua kommen – wir waren eingeladen worden, an einer Vorstellung der Clown Doktoren teilzunehmen!

Am Freitagmorgen um vier Uhr ging es dann mit dem Bus los, um acht kamen wir in der Hauptstadt an. Unser erstes Ziel: Die Botschaft. Ohne besondere Vorkommnisse. Anschließend sind wir mit Thomas, einem Freiwilligen, der in Managua lebt und den wir zufällig in der Botschaft getroffen hatten, zu einer ausgezeichneten Bäckerei spaziert, um dort ein wenig Kraft zu tanken. Lecker Müsli und sogar Brezeln gibt’s da! Nach dieser kleinen Erholung sind wir zu dritt – Julian, Bélgica und ich – zur Sandinostatue gelaufen, um von dort oben den Ausblick über Managua, auf den See und auf die Laguna de Tiscapa zu genießen. Danach machten wir uns zur Kathedrale auf. Die sieht aus wie eine Mischung aus orientalischem Palast und Bunker, daher meine äußerst liebevolle Bezeichnung: Betbunker. Nachdem wir also die Kathedrale gesehen hatten, stiegen wir in die nächste ruta – so heißen die Stadtbusse – um zu Bélgicas Tante zu fahren; einen anderen Schlafplatz hatten wir nicht gefunden.

Am nächsten Morgen mussten wir wieder früh raus: Es gab noch viel zu tun! Zunächst marschierten wir zum Malecón, also ans Ufer des Managua-Sees. So richtig hat uns der Anblick der alten Kathedrale, des Theaters und des verdreckten Sees aber nicht für die zu Fuß zurückgelegten Kilometer aber nicht entschädigen können, zumal wir ohne Frühstück waren und es keine Geschäfte in der Nähe gab! Dennoch ging es direkt – und zu Fuß! – zum mercado oriental, wo wir nach Trachten, Hüten und Stoffen zu schauen gedachten. Umgeben von unterschiedlichsten Düften, von Menschenmassen, Farben, Lärm und mit vielen Wertgegenständen bepackt zwängten wir uns durch die Gassen und waren – abgesehen davon, dass wir nicht beklaut wurden – nur mäßig erfolgreich: Außer dem Stoff fanden wir nichts. Also fassten wir den Entschluss, nach Masaya zu fahren, wo ein weiterer großer Markt die Touristen wie die Diebe anzieht. Gesagt – getan. Nach wie vor sehr hungrig kamen wir in Masaya an. Dort trafen wir Sebastian, einen weiteren Freiwilligen, der in Masaya arbeitet und lebt. Der führte uns zum Markt, wo wir die restlichen Einkäufe tätigten, und nahm uns dann mit zu sich nach Hause: Er lebt in einer Familie, mit zwei älteren Geschwister und zwei Cousinen, mit einer Bäckerei, die größer ist als die, die meiner Familie gehört und anderes, aber genauso leckeres Brot macht. Es gab lecker Essen – die Gastfreundlichkeit ist beeindruckend! Von Masaya fuhren wir dann – inzwischen zu siebt, mit Sebstian, Geschwistern und einer Cousine – ein Stück in Richtung Managua. Natürlich: Per Anhalter auf einer Camioneta! Unser Ziel: Der Nationalpark! Es sollte auf den Vulkan Santiago de Masaya gehen. Der Aufstieg auf der Teerstraße wäre nicht besonders anspruchsvoll gewesen, wurde uns aber erspart: Per Anhalter auf einer Camioneta! Besagte Straße endet am Rand des Kraters, aus dem nach Schwefel riechender Rauch steigt. Um bei einem möglichen Ausbruch schneller fahren zu können, parkt man dort oben rückwärts ein. Der Ausblick ist gigantisch – man kann die beiden Seen sehen, also den Managuasee und den Nicaraguasee, außerdem zeichnen sich am Horizont diverse andere Vulkane ab, unter anderem der Momotombo und der Mombacho. Beeindruckt von dieser kleinen Tour machten wir uns auf den Weg nach unten: Per Anhalter auf einer Camioneta. Nach der Verabschiedung von denen, die nach Masaya zurückfuhren, ging es für uns wieder nach Managua: Per Anhalter. In einer Camioneta.

Am Sonntag war uns das Ausschlafen auch nicht vergönnt: Wir mussten die Clowns pünktlich vom Busbahnhof abholen! Aber: Auf dem Weg dorthin rief mich Juve an – der Bus war nicht gekommen, die Clowns konnten nicht nach Managua fahren. Enttäuscht, weil für die drei Jungs damit eine tolle Gelegenheit fremdverschuldet verlorengegangen war, nahmen wir ein weiteres Abendteuer in Angriff: Den Heimweg! Mit dem Bus nach Tipitapa, per Anhalter nach Sebaco, per Anhalter nach Estelí, wo es ein leckeres Frühstück gab. Dort mussten wir über zwei Stunden warten, in der Sonne, in der Hitze, und wurden noch von niemandem mitgenommen. Schließlich fuhr Ana Julias Taxi vorbei – auf dem Weg vom Flughafen, wo Ana Julia und Sohnemann Lionel Flora abgeholt hatten, nach Ocotal.

Müde und glücklich darüber, wieder zu Hause zu sein, kamen wir also am Sonntagnachmittag in Ocotal an. Mit einigen neuen Erfahrungen, mit vielen Eindrücken vom Land und schon jetzt mit viel Vorfreude auf den nächsten, noch nicht geplanten Wochenendtrip.

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