DER DOMINGO CULTURAL fand heute wieder im barrio Nuevo Amanecer statt. Weil mir aufgefallen ist, dass ich über diese Veranstaltung noch nie so richtig geschrieben habe, hole ich das jetzt nach –
Es geht also mit dem Fahrrad durchs Stadtzentrum, über die Panamericana, am Friedhof vorbei, wo die Straße zur Sandpiste wird, über Steine, durch den Staub, entlang ausgetrockneter Sträucher und kleiner Häuschen – nach Nuevo Amanecer im Ocotaler Westen. Man öffnet uns die casita (Häuschen), in der wochentags „Unterricht“ stattfindet. Flüchtig befreien wir den kleinen Raum, in dem zwei zusammengeschobene Tische von vielen kleinen Stühlen umgeben werden, vom Staub. Es ist nicht sehr hell in dem kleinen Klassenraum, der vielleicht zwölf Quadratmeter misst: Das Fenster bleibt verschlossen, Licht fällt durch die Eingangs- und die Hintertür.
Die Kinder lassen nicht auf sich warten: Die ersten wirken noch etwas schüchtern, doch langsam füllen sich der Raum und die Straße (beziehungsweise der Sandweg) vor dem Eingang mit den kleinen Gästen. Die meisten sind barfuß, einige tragen chinelas – Badeschlappen – , ein paar sind sogar mit Turnschuhen unterwegs: Hier gilt nicht der gleiche Dresscode wie im Zentum Ocotals; gewaschen ist hier längst nicht jeder, die Kleidung ist oft schmutzig und löchrig.
Ein paar Kinder blättern in den mitgebrachten Bilderbüchern, andere lassen sich eine Geschichte von uns vorlesen. Auch Papier und Stifte sind sehr gefragt, die Renner sind jedoch zweifelsohne die Jonglierbälle und die Diabolos. Vor der Hütte werfen sich ein paar Jungs die Bälle zu, sicherlich eine halbe Stunde lang: Was sollen sie sonst tun? Spielzeug haben sie zu Hause nicht, abgesehen von ein paar Glasmurmeln, mit denen eine Gruppe im Schatten der casita spielt.
Ich lese gerade eine kurze Geschichte vor, als meine beiden kleinen Zuhörer verschreckt aufspringen und aus dem Raum rennen. Zunächst verstehe ich nicht, wundere mich. Dann sehe ich den Eindringling: In der Eingangstür steht ein Mann, offensichtlich betrunken oder unter Drogen. Spucke rinnt ihm aus dem Mund, sein Blick verliert sich im Delirium, er lallt. Bei den Kindern scheint der junge Mann bekannt zu sein: Nicht nur die beiden Brüder, die mir zugehört hatten, waren weggelaufen. Was verbinden die Kinder mit ihm? Was hat er ihnen getan? Zum Glück lässt er sich schnell davon überzeugen, bitte wieder zu gehen. Es geht weiter, einige malen, andere Spielen, ich kann die Lektüre beenden.
So oder ähnlich geht es während der domingos culturales zu. Das nächste Mal in zwei Wochen, dann in Pueblos Unidos...
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1 Kommentar:
Hallo Bruderherz,
höre grade einen Mitschnitt einer deiner Sendungen und freue mich sehr, dass du die Datsuns als Einstieg benutzt hast :)
Hannes
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