Sonntag, 28. Oktober 2007

Traurige Nachrichten

„AM PARQUE CENTRAL“, heißt es, „ist nach Einbruch der Dunkelheit der Kinderstrich zu finden.“ Gehört hatte ich das schon, aber wahrgenommen hatte ich das noch nicht –

Am Freitagabend läuteten Flora, Julian und ich das Wochenende ein, indem wir uns im „Stadtpark“ Ocotals niederließen und uns ein Schlückchen Rum gönnten. Später wurden wir gezwungen, uns an anderer Stelle niederzulassen, weil der Park schon früh geschlossen wird. Nachdem wir es uns auf einer Bank gegenüber der Kirche, den Park im Rücken, gemütlich gemacht und uns ins Gespräch vertieft hatten, tauchte zunächst ein Herr auf, der uns die Hot Dogs anbot, die er, wie er sagte, für einen Freund gekauft hatte, und uns nach deutschen Fußballern befragte. Später kamen ein Junge, der nach eigenen Angaben neunzehn Jahre alt ist, und seine dreizehnjährige „Nachbarin“ vorbei. Wir unterhielten uns eine Weile mit den neugierigen Passanten – und erst nachdem diese wieder verschwunden waren, kamen wir uns Grübeln: Das Mädchen scheint schwanger gewesen zu sein. Dreizehnjährig. Der Park – Kinderstrich. Auf einmal bekam die ganze Begegnung einen sehr schalen Beigeschmack.

Für uns, auch wenn wir schon ein Weilchen in Ocotal leben, sind diese Aspekte des Lebens hier alles andere als Normalität. Wir bekommen von dieser Problematik nicht viel mit, weil wir den Blick dafür (noch?) nicht haben – Begegnungen dieser Art erschreckend, sehr ernüchternd. Wie soll man reagieren, was soll man denken und sagen?

Flora macht im Rahmen ihrer Hebammenausbildung seit Anfang des Monats ein Praktikum hier in Ocotal, arbeitet in der Casa Materna. Dort kommen einerseits schwangere Frauen unter, die außerhalb Ocotals leben und, kurz vor der Entbindung stehend, darauf warten, ins Krankenhaus gehen zu können; andererseits finden dort auch Mädchen Unterschlupf, die häuslicher Gewalt, Vergewaltigung und anderen Problematiken ausgesetzt sind. Durch ihre Erfahrungen, die sie in den vergangenen Wochen gemacht hatte, konnte Flora uns also weitere erschreckende Dinge erzählen, von denen wir im Rahmen unserer Arbeit in der Bücherei nichts mitbekommen hatten – dass Honduras ein schlimmes AIDS-Problem habe und dass es in Ocotal, also nahe der Grenze, nicht viel besser aussehe. Dass diverse Geschlechtskrankheiten sehr verbreitet seien und dass die Behandlung der Frauen oft nicht weiterhelfe, weil die Männer sich einer Behandlung verweigeren. Dass es nicht selten sei, dass in der Casa Materna Mädchen von nicht mehr als fünfzehn Jahren unterkommen. Dass es auch beinahe alltäglich sei, dass eine Frau kommt, um ihr achtes, neuntes oder zehntes Kind zu gebähren...

All das sind Dinge, von denen im Alltag so gut es geht nicht gesprochen wird. Ich bin gespannt, was ich im Laufe der kommenden acht Monate noch erfahren werde – und mache mich auf Einiges gefasst.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Oh man das ist echt mies! Aber warum lungert ihr auch ausgerechnet in der Nähe des Parks rum?

Glückwunsch zum DFB-Pokal. Verdammtes 2:1 und das nach ner Führung! Naja dafür ham die Bayern nur einen Punkt gegen uns gesholt ---heheheheee---

Hier geht alles, soweit ich das beurteilen kann, seinen gewohnten Lauf. Ich liege grad leider mit ner Erkältung im Bett. Nicht weiter schlimm aber es nervt gewaltig.

Viele Grüße aus dem schönen Bremthal.

Sebi